"Über Selbstregulierung der Lebensmittelwerbung"

10.05.2019

ÖWR Enquete 7.5.2019

Panel 2 – Über Selbstregulierung der Lebensmittelwerbung

Den zweiten inhaltlichen Schwerpunkt bildete das Thema „Selbstregulierung der Lebensmittelwerbung“. In seinem Impulsreferat gab Fachexperte Mag. Andreas Kadi, MBA, Mitglied im Fachverbandsausschuss der Lebensmittelindustrie, einen umfangreichen Überblick über den Status Quo von Werberichtlinien auf internationaler und nationaler Ebene und stellte die Frage nach einer sinnvollen Weiterentwicklung von regulierenden Maßnahmen in der heutigen Medienwelt.

„Das Passwort für den wirtschaftlichen Erfolg ist Werbung. Ein Passwort mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten“, so Kadi einleitend. Werbung ist also Motor, Werbung der Lebensmittelbranche ist jedoch eine der strengst geregelten Bereiche. Exemplarisch dafür seien Beschränkungen im audiovisuellen Bereich in der Werbung für Kinder angeführt, die bereits seit 2010 bestehen und umgesetzt werden. Die Herausforderungen in der heutigen Medienwelt mit seinen neuen Kanälen, liegen laut Kadi vor allem darin, die Bewerbung von Produkten mit zu hohem Fett-, Zucker und Salzgehalt an Kinder zu beschränken und somit auch einen Beitrag zu leisten, um einen übermäßigen Verzehr dieser Produkte vorzubeugen.

In Österreich verfolgt der Fachverband der Lebensmittelindustrie das Konzept der Selbstregulierung und der freiwilligen Selbstbeschränkung bereits seit vielen Jahren. In diesem Sinne nimmt die Lebensmittelindustrie bei der Erstellung von Verhaltenskodizes, die mitunter über die rechtlichen Bestimmungen hinausgehen, eine Vorreiterrolle ein und ist auch bereit, diese Kodizes dem veränderten Medienmarkt anzupassen. „Wir sehen im Werberat eine kompetente Stelle der Selbstregulierung um die Einhaltung der Verhaltenskodizes zu gewährleisten“, so Kadi abschließend.

Podiumsdiskussion
Die Vielfältigkeit von Lebensmittelwerbung und die daraus folgenden Herausforderungen für freiwillige Maßnahmen zur Selbstbeschränkung wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von DI. Oskar Wawschinek, MAS, MBA (CR „Die Ernährung/Nutrition) deutlich.

Gleich zu Beginn verwies Mag.a Angela Teml (Nestlé Austria, Head of Corporate Communications) auf die Vielzahl von Selbstverpflichtungen im Bereich Lebensmittelwerbung, die es international gibt: „Es gibt weltweit 55 Selbstverpflichtungen und jeder Kontinent ist hier vertreten, in 12 Ländern gibt es eine Form der Ko-Regulierung“. Dabei gehe es um die Gesundheit von Konsumenten: „Wir alle wollen Übergewichtigkeit und Adipositas vorbeugen. Werbung ist dabei allerdings nur ein Aspekt des Ursachenbaums“, so Teml. Marketing to Kids-Selbstbeschränkungen auf EU-Ebene (sogenannter EU-Pledge) ist eine der internationalen Initiativen, die beinhaltet, dass keine Werbung für Süßwaren an Kinder unter 12 Jahren gerichtet sein darf. Dennoch: „Es muss die Mündigkeit des Konsumenten bzw. der Erziehungsberechtigten bestehen bleiben“, so Teml abschließend.

Für Dr. Peter Reinecke (Präsident – forum.ernährung heute) ist es eine Frage der Erziehung, die zur Bewusstseinsbildung wesentlich beiträgt: „Kinder müssen in der Lage sein, Werbung als solches zu erkennen.“ Neben Ernährung und deren Bewerbung fokussiert Reinecke auch den Bewegungsaspekt: „Bei der Ursachenanalyse von Fettleibigkeit ist neben der Ernährung immer der Energieverbrauch wesentlich“, so Reinecke, „erst dadurch ergibt sich die entscheidende Energiebilanz“. Die Förderung von Bewegung ist demnach essenziell. In der Kommunikation bedarf es vor allem der schnellen und verantwortungsbewussten Begleitung der technologischen Weiterentwicklung von Medien: „Wie wir auf neue Medien reagieren, ist unsere Herausforderung“. Hauptaugenmerk muss dabei auf Transparenz und Bildungsinitiativen gelegt werden.

„Die zentrale Botschaft besteht darin, dass wir uns selbst bespiegeln“, erläutert Dr. Michael Blass (GF Agrarmarkt Austria Marketing GmbH) und stellt gleichzeitig die Frage, was wirklich wirksam ist, um Adipositas entgegen zu wirken. „Wir als AMA setzen bereits seit Jahrzehnten auf Qualitätssicherung von Produkten und die Konsumentenrelevante Information“. Transparenz und die Kontrolle von unabhängigen Stellen als Gütekriterien sind dabei wichtig, auch für die Kommunikation. „Die Lebensmittelindustrie ist bereits sehr aktiv und unternimmt viel um in der Kommunikation korrekt zu sein“. Die angesprochene Transparenz und ein mögliches Auditing von unabhängiger Stelle, wie dem Österreichischen Werberat, kann nochmals zu einer wichtigen Bewusstseinsbildung beitragen.

„Es geht um Nachhaltigkeit und Verantwortung“, stellt Mag. Günter Thumser (GF Österreichischer Verband der Markenartikelindustrie) einmal mehr in den Vordergrund. Wenn sich nun die Rahmenbedingungen ändern, sei es durch neue Medien oder die neuen Bestimmungen der AVMD-RL, muss man sich selbst fordern: „Es liegt in unserer eigenen Verantwortung hier Aktionen zu setzen“. Die Frage, ob Werbung eine Verhaltensänderung bewirken kann, beantwortet Thumser: „Werbung ist stark aufklärend. Wir sind gut beraten, wenn wir Werte aus dem Bereich Ernährungsbildung mit Werbung transportieren“.

Fazit: Vor dem Hintergrund der schnellen technologischen Weiterentwicklung von Medien und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Entwicklungen müssen die Instrumente der Selbst- und Ko-Regulierung in der Werbung hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden. Zur Stärkung der Selbstregulierung in den neuen Marktgegebenheiten bedarf es vor allem Transparenz, eine unabhängige Kontrolle (Auditing) und gemeinsame aufklärungs- und bewusstseinsbildende Maßnahmen.

Über den Österreichischen Werberat:
Der Österreichische Werberat (ÖWR) ist ein unabhängiges Organ des Vereines „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“. Der ÖWR fördert mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Zuständigkeit des Werberates erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Bereich Wirtschaftswerbung. Im Detail hat der ÖWR die Aufgabe Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der Werbung zu korrigieren und dient damit sowohl dem Konsumenten als auch verantwortungsbewussten Werbeunternehmen.

Pressekontakt:
Mag.a Andrea Stoidl
M +43 (0) 664 817 9693
E
andrea.stoidl@werberat.at
W www.werberat.at

 

Fotomaterial - © ÖWR/Katharina Schiffl bei allen Fotos 

weitere Impressionen zur Enquete finden Sie hier



Michael STRABERGER (ÖWR Präsident) und Gen. Dir. Dr. Alexander WRABETZ (ORF) 
 

 
Keynotesprecher der ÖWR Enquete (v.l.n.r:)
Stéphane MARTIN (EASA Präsident), Mag. Dr. Harald KATZMAIR (FAS.research Sozial- wissenschaftliche ForschungsgesmbH.), Mag. Andreas KADI, MBA (FV Lebensmittelindustrie)


 

Michael STRABERGER (ÖWR-Präsident) und Stéphane MARTIN (EASA Präsident) mit den Diskussionsteilnehmern – Panel 1 (v.l.n.r):
Dr. Thomas HÖHNE (Höhe, In der Maur & Partner Rechtsanwälte), Dr. Klaus KASSAI (ORF-Abt. Recht & Auslandsbeziehungen), Dipl.Kffr. Corinna DRUMM (GF Verband Österreichischer Privatsender), KR Mag.a Angelika SERY-FROSCHAUER (sery* brand communication – Obfrau FV Werbung WKÖ, Vizepräsidentin WK OÖ), HR Dr. Hans Peter LEHOFER (Verwaltungsgerichtshof) und Moderationsleitung – Mag. Gerald GRÜNBERGER (GF Verband Österreichischer Zeitungen)

 

 v.l.n.r: Stéphane MARTIN (EASA Präsident), Mag.a Beatrice COX-RIESENFELDER (ORF-Enterprise GF), Michael STRABERGER (ÖWR-Präsident)

 

 

 

Michael STRABERGER (ÖWR-Präsident) mit den Diskussionsteilnehmern - Panel 2 (v.n.l.r:)
Dr. Peter REINECKE (Präsident – forum.ernährung heute), Moderationsleitung: DI Oskar WAWSCHINEK, MAS MBA (CR – Die Ernährung/Nutrition), Mag.a Angela TEML (Head of Coporate Communications – Nestlé Austria), Dr. Michael BLASS (GF Agrarmarkt Austria Marketing GmbH), Mag. Andreas KADI, MBA (FV d. Lebensmittelindustrie) und Mag. Günter THUMSER (GF Österreichischer Verband der Markenartikelindustrie)