Wiener Linien-Werbung

16.08.2023


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Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich habe gestern (direkt nach den ähnlichen Bildern der russischen Bombardierungen ukrainischer Städte) die Werbung der Wiener Linien "Zerstört halt nicht alle Parkplätze" gesehen, die auf metaphorische Weise die Zerstörung sehr realitätsnah wiedergibt. Ich finde, in der Zeit, wenn ganz in der Nähe (denn von Wien ist es zur ukrainischen Grenze näher als nach Bregenz) die Zerstörung durch den russischen Angriffskrieg tagtäglich seit über 1,5 Jahren für die Menschen zur grausamen Realität gehört, sollte man sensibler sein und solche Bilder vermeiden.

Das ist nicht nur meine Wahrnehmung, so empfinden auch viele UkrainerInnen: Habe darüber auf der Plattform der UkrainerInnen in Österreich geschrieben und gr0ße Unterstützung bekommen.

Mit freundlichen Grüßen,


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Entscheidung:
Der Österreichische Werberat spricht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahme der Wiener Linien die Aufforderung in Zukunft bei der Gestaltung sensibler vorzugehen aus.

Begründung:
Im Sinne einer Mehrheitsentscheidung laut Verfahrensordnung Artikel (2) führten die Meinungen der Werberäte und Werberätinnen zu der Empfehlung bei zukünftiger Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen sensibler vorzugehen. Demnach wurde der Ethik-Kodex der Werbewirtschaft in den Artikeln 1.1 „Allgemeine Werbegrundsätze“, 1.3. „Gewalt“ sowie 1.2. „Ethik und Moral“ nicht ausreichend sensibel umgesetzt.

Vor allem im Hinblick auf die verwendete Bildsprache, die an Kriegsschauplätze erinnert, wird ein sensiblerer Umgang empfohlen. Das Sujet zeigt ein Bild der Zerstörung und erzeugt Angst und Unsicherheit, gerade auch im Kontext mit der aktuellen Situation in Europa. Die werbliche Überzeichnung des verwendeten Textes wurde erkannt, diese kann jedoch nicht, aufgrund der angsterzeugenden Bildsprache, hinreichend ins Humoristische übertragen werden.

Im Detail wird der Ethik-Kodex den Werberäten und Werberätinnen nach in den nachfolgenden Kriterien nicht ausreichend sensibel umgesetzt:

1.1. Allgemeine Werbegrundsätze
1.1.1. Werbung soll vom Grundsatz sozialer Verantwortung geprägt sein, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen vor dem vollendeten 18. Lebensjahr.

1.1.4. Werbung darf nicht gegen die allgemein anerkannten guten Sitten verstoßen.

1.2. Ethik und Moral
1.2.4. Leid, Unglück oder Todesfälle dürfen nicht für Werbezwecke missbraucht werden; solche Darstellungen sind vielmehr nur dann zulässig, wenn sie das Ziel haben, dem Leid entgegenzuwirken, Unglück oder Unfälle zu verhindern, die Öffentlichkeit auf ein soziales Problem, einen Missstand, aufmerksam zu machen, oder wenn ein damit in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Produkt beworben wird (z.B. Grabsteine, etc.)

1.3. Gewalt
1.3.1. Werbung darf sich keiner gewalttätigen Darstellungen bedienen.

f)  Werbung darf weder Angst noch Furcht erzeugen. Angst- und Furchterregende Darstellungen und Aussagen dürfen nur dann erfolgen, wenn sie zu einem klugen, vernünftigen, rechtskonformen und sicheren Verhalten animieren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Furcht- und angsterregende Darstellungen in einem angemessenen Verhältnis zu der jeweiligen realen Gefährdung zu stehen haben.

b)  Es dürfen keine Darstellungen und Aussagen erfolgen, die brutales, aggressives, asoziales oder gewalttätiges Verhalten abbilden oder zu solchen Verhaltensweisen ermutigen, diese fördern oder stillschweigend dulden, unabhängig von der Umsetzung (z. B. in der Form von Animation, Comics, Emojis und GIF's usw.).

h)  Massive Gewalt darf nicht humoristisch abgebildet werden.