ÖBB: Gender-Gegner sind Gewalttäter? - Bundesministerium

06.08.2023


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Sehr geehrte Werberat, folgendes Plakat (siehe Upload) habe ich am 5.8. auf einem ÖBB-Bahnhof in Salzburg entdeckt. Es zeigt zwei Sätze: der vollständige lautet „MÄNNERGEWALT bedroht FRAUEN*.“, der durch mehrere Streichungen verstümmelte Satz „Gendern bedroht die Sprache.“ Daraus erschließt sich unschwer die Haltung der Verfassenden: Der „richtige“ Satz lautet „MÄNNERGEWALT bedroht FRAUEN*.“ Der „falsche“ Satz lautet „Gendern bedroht die Sprache.“ Ich persönlich stehe vorbehaltlos hinter den Aussagen beider Sätze. Nun aber wird eine der beiden Haltungen („Gendern bedroht die Sprache“) nicht nur durch Wortstreichungen verächtlich gemacht, mehr noch: Menschen, die für eine regelkonforme und barrierefreie Normsprache eintreten und eine nicht regelkonforme und nicht barrierefreie Sprache ablehnen, werden quasi junktimierend zu potenziellen Gewalttätern erklärt! Dies widerspricht offenkundig dem Subkapitel 1.2. des Kapitels 1.2. ETHIK UND MORAL Ihrer „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“. Ich zitiere: „Werbung darf niemanden mittelbar oder unmittelbar diskriminieren oder Diskriminierung fördern, insbesondere aus Gründen (…) der Sprache (…), der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung (…) oder sonstigen Gründen.“ Das vorliegende Plakat der ÖBB verstößt gleich in mehrfacher Hinsicht gegen diesen Ehrenkodex: Es diskriminiert (und diffamiert) Menschen aufgrund ihrer Sprache und ihrer sonstigen Anschauung - und es rückt sie junktimierend im die Nähe von gewaltbereiten Personen. Gegen dieses Vorgehen protestiere ich in aller Deutlichkeit! Ich verlange, dass dieses Plakat, dass „Andersdenkende“ öffentlich beleidigt und lächerlich macht, ja, gegen sie hetzt, sofort aus dem Verkehr gezogen wird. Darüberhinaus ist eine öffentliche Entschuldigung bei allen Befürwortenden einer korrekten Normsprache (Rat für deutsche Rechtschreibung) angebracht! Mit freundlichen Grüßen
PS: Mir ist bewusst, dass sich auch der Werberat einer Sprache bedient, die nicht regelkonform - weil lediglich Hausortografie- und nicht barrierefrei ist. Ich gehe dennoch davon aus, dass dies einer objektiven Entscheidungsfindung nicht abträglich ist.


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Entscheidung:

Der Österreichische Werberat sieht im Falle der beanstandeten Werbekampagne des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz keinen Grund zum Einschreiten.

Begründung:

Die eindeutige Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen sprechen sich beim beanstandeten Werbesujet zum Thema Gewaltprävention für keinen Grund zum Einschreiten aus.

Die Kampagne des Bundesministeriums dient zur Sensibilisierung des Themas Männergewalt, die Initiative „Mann spricht‘s an“ und den damit verbundenen Beratungsangeboten. Auf schwarzem Hintergrund liest man den Satz „Gendern bedroht die Sprache“. Jedoch sind die Wörter „Gendern“ und „Sprache“ mit gelb durchgestrichen und werden durch „MÄNNERGEWALT“ und „FRAUEN*“ ergänzt. Eine weiße Sprechblase und ein Link weisen am Plakat zusätzlich auf weiterführende Informationen zum Thema Gewaltprävention hin.

Die Werberäte und Werberätinnen sehen beim beanstandeten Sujet des Bundesministeriums keine Diskriminierung oder Stereotypisierung von Personen. Vielmehr wird aus der Werbemaßnahme geschlussfolgert, dass inklusive Sprache wichtig ist und keine Bedrohung darstellt. Gewalt gegenüber Personen stellt hingegen eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Auf Beratungsangebote und Maßnahmen zur Gewaltprävention wird deshalb in der Kampagne hingewiesen.

Eine Diffamierung gegenüber jene die „gendern“ bzw. Personen, die sich der Normsprache bedienen mit gewaltbereiten Personen zu assoziieren, kann laut Werberatsgremium nicht erkannt und nachvollzogen werden. So wird der ursprünglich dargestellte Satz am Plakat "Gendern bedroht die Sprache", nachträglich verändert. Dies wird insbesondere durch das unterschiedliche Schriftbild nochmals deutlich. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen soll damit nicht hergestellt werden. Die Werberäte und Werberätinnen sprechen sich daher für keinen Grund zum Einschreiten aus.