Plakate

11.10.2021


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Wertes Team des österreichischen Werberates!

Ich konnte heute schon telefonisch meine Anfragen bzw. meinen Unmut bezüglich des Werbeplakates (ÄLTERES PERSONAL EINSTELLEN LOHNT SICH NICHT MEHR.) bei Ihnen zum Ausdruck bringen. Vielen Dank für Ihre Erläuterungen und den Hinweis, dass diesbezüglich schon etwas im Laufen ist. Dennoch hier nochmals meine Bedenken und Gedanken zu dieser Werbeeinschaltung.

  1. Für mich fördert der Text dieses Plakates und auch des zweiten (MIT EINER BEHINDERUNG WIRST DU NICHT GEBRAUCHT.) die Diskriminierung der betroffenen Menschen! Durch das Veranschaulichen des Textes als „ultimative Wahrheit“  prägt sich dieser Satz in die Köpfe ein und „bestätigt“, die ohnehin tiefgehende Problematik und die Schieflage am Arbeitsmarkt. Eine Kennzeichnung als Wortmeldung oder als Meinung muss, meiner Meinung nach, gewährleistet sein!  Dies könnte durch Anführungszeichen oder Ähnliches erfolgen.
  1. Für mich unverständlich ist weiters, dass keine Firma oder Organisation auf dem Plakat angegeben ist (und wenn diese noch so klein gedruckt wäre) und somit kontaktiert oder verantwortlich gemacht werden kann!
  1. Das Konzept der Aufmerksamkeitssteigerung und Lösung in Schritten finde ich originell und grundsätzlich spannend, wahrscheinlich auch effektiv, doch die Inhalte auf dem Weg müssen die Menschenwürde im Blick haben! Diesen Spruch so lange vor Augen zu haben, ohne zu wissen, von wem er stammt und  was er bezweckt, halte ich für eine unverantwortliche Zumutung! Außerdem werden viele Menschen wohl nie mit der Auflösung konfrontiert werden.

Als Religions- und Ethiklehrer/in konnte ich mit den SchülerInnen die Mechanismen der Werbewelt, der Manipulation, der ethischen Verantwortung im Text-, Sprach- und Bildbereich erörtern. Die Betroffenheit der SchülerInnen zu dem genannten Plakat, das unmittelbar vor unserer Schule hängt, war enorm. Das Plakat irritiert ungemein, und man mag gespannt sein, ob das Ziel das Mittel rechtfertigt. Meiner Meinung nach, wird auf dem Weg bis zur eventuell gut gemeinten Initiative sehr, sehr viel zerstört und werden viele psychologisch sehr, sehr belastet!

Vielen Dank für Ihren Einsatz für eine ethisch verantwortbare Werbewelt! Bitte informieren Sie mich über die Ergebnisse der Beschwerdebesprechungen!

Mit freundlichen Grüßen!


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Durch die Sujetrücknahme bzw. frühzeitige Umstellung auf auflösende Sujets der Kampagne, noch während der Entscheidungsphase, kann die Stopp-Entscheidung als informativ gesehen werden. 

 

Entscheidung:

Der Österreichische Werberat spricht im Falle des beanstandeten Teaser-Werbesujets „Nicht gebraucht“ der Billa AG, die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus.
Durch die Sujetrücknahme bzw. frühzeitige Umstellung auf auflösende Sujets der Kampagne, noch während der Entscheidungsphase, kann die Stopp-Entscheidung als informativ gesehen werden.

Begründung:
Die eindeutige Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen sieht im Hinblick auf die beanstandeten Teaser-Werbesujets eine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft, vor allem des Artikels 1.2. „Ethik und Moral“ und des Artikels 1.1 „Allgemeine Werbegrundsätze“.

Die Teaser-Sujets von Billa stellen in Textbotschaften dar, dass ältere Menschen, Menschen ohne Matura und solche mit Behinderung nicht gebraucht werden, beispielsweise mit den Worten „Mit einer Behinderung wirst du NICHT gebraucht“. Die zweite Welle an Sujets löst dies mit der Umkehrung, beispielsweise „Mit einer Behinderung wirst du gebraucht“ und der Darstellung von Billa-MitarbeiterInnen entsprechend auf.

Anmerkung: Wie bereits erwähnt, wurde die Teaser-Kampagne während der Abstimmungszeit (vorzeitig) beendet und auf das auflösende Zweitsujet umgestellt.

Die Mehrheits-Stopp-Entscheidung des Werberatsgremiums wurde aufgrund der Diskriminierung, welche durch die Teaser-Aussagen (bewusst) erzeugt wird und der Möglichkeit eine Retraumatisierung bei den Betroffenen auszulösen, getroffen. Ebenfalls ist durch jene provozierenden Aussagen ein potenzielles Nachwirken, beispielsweise durch eine langfristige Erinnerung und bewusste Verarbeitung, möglich. Damit besteht bei Teaser-Sujets vor allem das Risiko, dass die folgenden Zweitsujets zur Auflösung bei manchen Rezipienten nicht mehr wahrgenommen werden.

Ebenfalls wird von den WerberätInnen als problematisch angesehen, dass die erstgenannten Botschaften hinsichtlich der eigentlichen (und nachfolgenden) Botschaft unaufgelöst und kommentarlos im öffentlichen Raum stehen. Eine zeitgleiche oder eine Anmerkung auf eine kommende Auflösung durch das Unternehmen wird vor allem bei zukünftigen Teaser-Kampagnen als notwendig und sinnvoll erachtet, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die allgemeine Bevölkerung eine nachgehende „Auflösung“ der ersten Kampagnenlinie entgegensehen.

Der Ethik-Kodex wird im Rahmen des Teaser-Sujets im Detail wie folgt verletzt:

Artikel 1.1 Allgemeine Werbegrundsätze:

1.1.5. Werbung darf nicht die Würde des Menschen verletzen, insbesondere durch entwürdigende oder diskriminierende Darstellungen

Des Weiteren wurde eine Verletzung des Ethik-Kodex in Artikel 1.2 „Ethik und Moral“ erkannt:

1.2.3. Werbung darf niemanden mittelbar oder unmittelbar diskriminieren oder Diskriminierung fördern. Besonderen Schutz vor Diskriminierung bedürfen dabei die Diversitätskerndimensionen.

1.2.3. d) Behinderung, Beeinträchtigung: Werbung darf behinderte oder beeinträchtigte Menschen nicht (mittelbar oder unmittelbar) diskriminieren. Ein respektvoller Umgang ist stets zu wahren.

1.2.3. a) Alter: Werbung darf niemanden (mittelbar oder unmittelbar) aufgrund seines Alters oder seiner Generation diskriminieren. Bei älteren Menschen ist stets auf eine würdevolle Darstellung zu achten.