AK-Video "Leistungskarte"

29.04.2017


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1)Herabwürdigung von Frauen. Mann stopft einer Frau einen Geldschein in den Ausschnitt und grapscht damit ihre Brust an, ohne dass sie sich wehrt.Das Grapschen steht in keinem Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt (Leistungskarte). 2)Diskriminierung des Mannes: der Mann im Video hat ersichtlic eine herabwürdigende und verachtungsvolle Haltung Frauen gegenüber. Er greift nicht nur in die weibliche Intimspähre ein, sondern verachtet Frauen auch ob ihrer fehelenden Intelligenz


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Entscheidung des Ethik-Senats des Österreichischen Werberates

Spruch:
Der Ethik-Senat des Österreichischen Werberats hat wie folgt entschieden:

Dem Einspruch wird nicht Folge gegeben.


Begründung:
Die Einspruchswerberin bringt im Wesentlichen folgendes vor: Der Werberat sei unzuständig, weil es sich um interessenpolitische Werbung einer Körperschaft öffentlichen Rechts handle sowie um Werbung von und für Non-Profit-Organisationen gemäß Art. 2 Abs. 4 lit. c der Verfahrensordnung des Österreichischen Werberates.
Inhaltlich bestreitet die Einspruchswerberin eine pauschale Verunglimpfung des Unternehmertums sowie eine Herabwürdigung von Frauen.

Zur Zuständigkeit des Österreichischen Werberates hat der Ethik-Senat folgendes erwogen:

Die Zuständigkeit des Österreichischen Werberates ist gegeben, weil dieser seine Kompetenzen nach Art. 2 Verfahrensordnung (V-O) aus einer wertenden Auslegung der gesamten Bestimmung ableitet.

Die Einspruchswerberin ist Teil der Wirtschaft, ihr gesetzliches Aufgabengebiet erstreckt sich primär auf wirtschaftliche Bereiche (§ 1 Arbeiterkammergesetz 1991, wo die sozialen, wirtschaftlichen und beruflichen vor den kulturellen Interessen gereiht sind). Sie erbringt entgeltliche Leistungen, sogar im Wettbewerb zu freien Berufen (z.B. Anwaltschaft), auch wenn diese über die Pflichtbeiträge der ex lege-Mitglieder finanziert werden. Insofern liegt Wirtschaftswerbung vor (Art. 2 Abs. 2 V-O).
Die Einspruchswerberin ist aber auch als „öffentliche Stelle des Bundes“ (Art. 1 Abs. 3 V-O) anzusehen, weil sie durch öffentliches Recht (Bundesgesetz) geschaffen wurde, der Staatsaufsicht unterliegt (§ 91 Arbeiterkammergesetz 1991), Überwachungsaufgaben hat (§ 5 leg.cit.) und der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt (§ 20a RHG). Die Einspruchswerberin hat demnach als „öffentliche Stelle des Bundes“ zu gelten. Nach § 2 Abs. 4 lit. c V-O ist der Werberat allerdings für Werbung von ,,Non-Profit-Organisationen“ nicht zuständig. Dieser Begriff wird aber allgemein nur für nicht-staatliche Einrichtungen angewendet, was die Einspruchswerberin eben nicht ist. Ebenso wenig ist der ORF eine Non-Profit-Organisation, obwohl auch er nach dem Gesetz nicht auf Gewinn gerichtet ist (§ 1 Abs. 4 ORF-G). Zutreffend bezeichnet die Einspruchswerberin ihre Werbung als „interessenpolitische Werbung“, aber es ist die Werbung für wirtschaftliche Interessen und damit schon alleine deshalb Wirtschaftswerbung.

Überdies wird aber auch eine konkrete Leistung beworben. Gegenstand dieser Werbung ist nämlich die Anpreisung einer Leistungskarte. Hier wird ein mit entgeltlichen Vorteilen verbundenes Serviceangebot beworben. Konkret bringt die beworbene Leistungskarte einen wirtschaftlichen Mehrwert für die Mitglieder.

Zum inhaltlichen Vorliegen der Einspruchswerberin:

Der vorliegende Spot wird auch vom Ethik-Senat als Abwertung einer Berufsgruppe und damit Diskriminierung (Punkt 1.2.2 Ethik Kodex) verstanden. Zwar sind Überzeichnung, Karikatur und Satire zulässige Gestaltungsmittel, jedoch wird die Grenze dann überschritten, wenn diese Mittel der Diskriminierung des interessenpolitischen Gegenübers dienen. Verstärkt wird diese Diskriminierung noch durch ein sexistisches Gestaltungselement, obwohl dieses, nach Auffassung der Mehrheit der Ethik-Senats-Mitglieder, nicht eine Herabwürdigung der Frau intendiert, sondern der Gruppe der Unternehmer. Insofern liegt nach Auffassung der Mehrheit der Ethik-Senats-Mitglieder keine geschlechterdiskriminierende Werbung (Punkt 2.1.1. Ethik Kodex) vor.

Der gegenständliche Spot der Einspruchswerberin wird nach einstimmiger Auffassung der Ethik-Senats-Mitglieder aber insbesondere Punkt 1.2. Ethik Kodex nicht gerecht, wonach Werbung soziale Verantwortung trägt.

Die herabsetzende pauschalierte Verunglimpfung der Unternehmerschaft ist zur Bewerbung der eigenen Leistungen nicht erforderlich und ist eine Diskriminierung einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe aufgrund ihres Status als Unternehmer.

Insofern sieht der Ethik-Senat den Punkt 1.2.Ethik und Moral verletzt und bestätigt daher die Aufforderung zum Stopp der Kampagne bzw. zum sofortigen Sujetwechsel.


Entscheidung:

Der Österreichische Werberat spricht im Falle der beanstandeten Werbemaßnahmen der AK Oberösterreich die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus.

Begründung:

Die eindeutige Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen sind der Ansicht, dass der beanstandete Spot eine ganze Berufsgruppe diskriminiert, Dominanzgebaren als "normal" gegenüber Mitarbeiterinnen suggeriert und zusätzlich gegenüber Frauen eine Herabwürdigung beinhaltet.
Konkret erfüllt die, bewusste, Darstellung des Unternehmers als, selbstverliebter Ausbeuter, der sich über sozialrechtliche Bestimmungen, wie Mutterschutz und Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, hinwegsetzt, nicht die im Ethik-Kodex aufgestellten Anforderungen der sozialen Verantwortung und Redlichkeit.
Pauschale und völlig undifferenzierte abwertende Darstellungen von Gruppen, in diesem Fall von Unternehmern und Führungskräften, um eine Aufwertung einer anderen Gruppe bzw. Leistung zu erreichen, entsprechen nicht den moralischen und ethischen Anforderungen der diskriminierungsfreien Kommunikation und ist weiters als irreführend zu qualifizieren.
Exemplarisch für die Darstellung von Unterwerfung und Ausbeutung und somit für die Abwertung der Frau und der Gleichwertigkeit der Geschlechter wird der Griff in das Dekolletee der schwangeren Frau, die sich Geldscheine in den Ausschnitt stecken lässt, ohne sich selbst zu wehren, herangezogen. Gleichzeitig wird männliches Dominanzgebaren toleriert.
Die werbliche Überzeichnung wurde erkannt, ist jedoch aus den oben genannten Gründen abzulehnen.

Die Werberäte und Werberätinnen sehen einen Verstoß gegen die nachfolgenden Punkte des Ethik-Kodex der Österreichischen Werbewirtschaft:

1.1. Allgemeine Werbegrundsätze
3. Werbung muss den Grundsätzen der Lauterkeit, wie sie im Wirtschaftsleben wie sie im Wirtschaftsleben allgemein anerkannt sind, entsprechen.
5. Werbung darf nicht die Würde des Menschen verletzen, insbesondere durch eine entwürdigende Darstellung von Sexualität oder anderweitig diskriminierende Darstellungen.
6. Werbung darf nicht gegen den Grundsatz der Redlichkeit und Wahrhaftigkeit verstoßen.
4. Werbung darf nicht gegen die allgemein anerkannten guten Sitten verstoßen.
1. Werbung soll vom Grundsatz sozialer Verantwortung geprägt sein, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen vor dem vollendeten 18. Lebensjahr.

1.2 Ethik und Moral
Werbung trägt soziale Verantwortung.
1.2.2 Werbung darf niemanden mittelbar oder unmittelbar diskriminieren oder Diskriminierung fördern, insbesondere aus Gründen des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, der Staatsbürgerschaft, des sozialen Status, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung oder sonstiger Gründe.

2.1 Geschlechterdiskriminierende Werbung

2.1.1. Geschlechterdiskriminierende Werbung (sexistische Werbung) liegt insbesondere vor, wenn,
a) Frauen oder Männer auf abwertende Weise dargestellt werden;
b) die Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt wird;
c) Unterwerfung oder Ausbeutung dargestellt oder zu verstehen gegeben wird, dass Gewalt oder Dominanzgebaren tolerierbar seien;

Der ÖWR ist im Sinne seiner Verfahrensordnung Artikel 2 3 (b) zuständig:
Artikel 2 Zuständigkeit des Österreichischen Werberates
(3) Der Österreichische Werberat ist zuständig
b) für Professionelle Kommunikation zur Information der Bürgerinnen und Bürger ("Public Information") durch öffentliche Stellen des Bundes und des Landes (erweiterter Zuständigkeitsbereich).